Erhöhtes Selbstmordrisiko bei Isotretinoin-Behandlung?

· Judith Amann · 2 Kommentare

Patienten mit schwerer Akne vulgaris haben ein erhöhtes Selbstmordrisiko verglichen mit der Normalbevölkerung. Es steigt während der systemischen Therapie mit Isotretinoin und bis zu sechs Monate nach Behandlungsende noch an. Zu diesem Ergebnis kommt die kürzlich im Britischen Ärzteblatt (British Medical Journal) veröffentlichte Studie „Association of suicide attempts with acne and treatment with isotretinoin: retrospective swedish cohort study„. Allerdings können die Autoren nicht eindeutig belegen, dass das erhöhte Selbstmordrisiko während und nach der Isotretinointherapie tatsächlich eine Nebenwirkung des Medikaments ist. Das gestiegene Risiko könnte eine Folge der Behandlung sein. Studienleiter Anders Sundström und seine Kollegen halten es allerdings für wahrscheinlich, dass die schwere Akne selbst der Grund für das erhöhte Selbstmordrisiko ist.

Studienlage bezüglich psychischer Nebenwirkungen unklar

Depressives Mädchen

Depression und Selbstmordgedanken unter Iso? © Andriy Petrenko / Bigstock.com

Isotretinoin gehört zu den Retinoiden der ersten Generation und wird seit den 1980iger Jahren zur Behandlung von Akne eingesetzt. Es kann auf die Haut aufgetragen (topische Therapie) oder eingenommen werden (systemische Therapie). Besonders schwere noduläre Akne kann mit einer systemischen Isotretinointherapie gut behandelt werden. Allerdings wiesen Fallstudien und Berichte von Nebenwirkungen recht bald auf einen Zusammenhang zwischen der systemischen Therapie mit Isotretinoin und Depressionen bzw. Selbstmordgefährdung hin. Seitdem warnt die Fachinformation vor psychischen Nebenwirkungen.

Die Studienlage ist nach wie vor widersprüchlich: Fallstudien und einige epidemiologische Studien konnten einen Zusammenhang nachweisen, während andere Studien ergaben, dass die Isotretinointherapie die psychische und emotionale Situation von Aknepatienten verbessert. Bei diesen Studien war allerdings die Teilnehmerzahl so gering, dass negative Effekte möglicherweise nicht entdeckt werden konnten. Ein Übersichtsartikel aus dem Jahr 2008 hingegen berichtet zum einen von einer Verstärkung depressiven Verhaltens bei Mäusen bei Gabe von Isotretinoin. Zum anderen vermuten die Autoren, dass die psychischen Nebenwirkungen von Isotretinoin auf seinen Auswirkungen auf den Hirnstoffwechsel beruhen.

Schwere Akne beeinträchtigt die Psyche

Auch die vorliegende Studie der Wissenschaftler um Anders Sundström vom schwedischen Karolinska Institut kann keinen eindeutigen Zusammenhang zwischen der systemischen Therapie mit Isotretinoin und einem erhöhten Selbstmordrisiko herstellen. Schließlich wirkt sich eine schwere Akne selbst schon negativ auf die Psyche aus und birgt das Risiko an Depressionen zu erkranken.

Selbstmordrisiko verdoppelt sich in den 6 Monaten nach der Behandlung

Für ihre Studie werteten Sundström und seine Kollegen die Krankheitsdaten von rund 5.750 Aknepatienten aus, die im Zeitraum zwischen 1980 und 1990 systemisch mit Isotretinoin wegen schwerer Akne behandelt wurden. 63 Prozent der Studienteilnehmer waren männlich, der Rest weiblich. Es wurde geprüft, ob die Patienten vor, während oder nach der Therapie wegen Selbstmordversuchen ins Krankenhaus kamen bzw. Selbstmord begangen hatten.

Insgesamt 128 Patienten wurden wegen versuchten Selbstmords ins Krankenhaus aufgenommen, manche mehrfach. Schon im Jahr vor der Behandlung mit Isotretinoin war das Selbstmordrisiko erhöht. Die Gefährdung stieg im Verlauf der Therapie jedoch weiter an. Sie war in den sechs Monaten nach Therapieende am höchsten: Fast doppelt so hoch wie normalerweise üblich.

Drei Jahre nach Behandlungsende entsprach das Risiko der Patienten Selbstmord zu begehen dem Risiko der normalen Bevölkerung. Die Forscher konnten zwischen Patienten, die einen Selbstmord versuchten und den anderen Studienteilnehmern keinen Unterschied in verschriebener Dosis oder Behandlungsdauer erkennen. Bei Patienten, die ihren ersten Selbstmordversuch vor der Behandlung unternahmen, stieg das Risiko einer Wiederholung nicht eindeutig an. Im Gegensatz dazu versuchten diejenigen sich erneut umzubringen bzw. begingen Selbstmord, die während oder nach der Behandlung ihren ersten Selbstmordversuch unternommen hatten.

Frauen sind anscheinend stärker gefährdet als Männer: Sie hatten ein höheres Risiko während oder nach der Isotretinointherapie einen ersten oder wiederholten Selbstmordversuch zu begehen.

Gestiegenes Selbstmordrisiko könnte auch andere Ursachen haben

Das Selbstmordrisiko steigt bereits vor der Behandlung mit Isotretinoin an. Deshalb gehen die Forscher davon aus, dass die schwere Akne an sich die Psyche der Patienten beeinträchtigt. Sie führen aus, dass sie nicht angeben können „ob der fortgesetzte Anstieg [des Selbstmordrisikos] während und unmittelbar nach der Behandlung auf den natürlichen Verlauf einer schweren Akne oder auf negative Effekte der Behandlung zurückgeht.“ Es könnte also an dem Medikament liegen. Allerdings könnte es auch sein, dass manche Patienten auf Grund einer erfolglosen Behandlung verzweifeln. Außerdem können die Forscher nicht ausschließen, dass eine erfolgreiche Behandlung möglicherweise nicht die Erwartungen der Patienten erfüllt: Die Erkenntnis, dass ein verbessertes Hautbild nicht automatisch zu einer Verbesserung der sozialen Kontakte führe, könnte ebenfalls für Stimmungsschwankungen sorgen.

Ärzte sollten Psyche von Aknepatienten beobachten

Die Autoren ziehen das Fazit, dass eine schwere Erkrankung an Akne vulgaris auch ohne Isotretinointherapie mit einem erhöhten Selbstmordrisiko zusammenhängt. Allerdings könnte Isotretinoin bei besonders dafür empfänglichen Patienten Selbstmordgedanken auslösen. Trotzdem sollte ein versuchter Selbstmord in der Vorgeschichte eines Patienten die Entscheidung für oder gegen eine Behandlung mit Isotretinoin nicht beeinflussen. Der behandelte Arzt sollte den psychischen Status von Aknepatienten immer in Betracht ziehen – egal ob sie mit Isotretinoin therapiert werden oder nicht.

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Kommentare
2 Kommentare zu “Erhöhtes Selbstmordrisiko bei Isotretinoin-Behandlung?”
  1. Irene sagt:

    Ich habe durch das Medikament „Curakne“ (Wirkstoff: Isotretinoin) Depressionen bekommen. Meine Mutter und ich wurden kaum über das Medikament aufgeklärt und der Dermatologe hat es als selbstverständlich angesehen, deshalb dachten wir es wäre nicht so schlimm. Ich bin jetzt 17 und mein Leben wurde von diesem Medikament zerstört!!! Auch meine Haut ist schlimmer geworden anstatt besser… An alle die Akne haben: Besser auf „natürlichem Weg“ heilen als es mit Medikamenten zu versuchen… Der Schaden ist viel größer und kann kaum bis gar nicht repariert werden!

  2. Nick sagt:

    Ich hab vor 2 Jahren mit Aknenormin 20 mg angefangen und wurde ebenfalls nicht aufgeklärt!

    Bereits vor der Iso-Behandlung hatte ich Depressionen, weil ich schon ca. 3 Jahre an Akne litt. Der Arzt hat nichts gesagt… Erst während der Behandlung hat er erzählt, dass ich trockene Lippen und Haut kriegen werde. Vor einem Jahr fingen dann an meine Augen zu reizen.

    Außerdem hab ich Morbus Meulengracht: Ist nicht gefährlich, sondern nur erhöhte Leberwerte und etwas gelbe Augen, aber durch das Medikamt ist der Wert von 1,2 auf 1,8 gestiegen und er hat mir nichts davon gesagt… Hab ich „ausversehen“ auf einer Bescheinigung gesehen. Dann hätte ich meinen Alkoholkonsum auch unterlassen, wobei ich sowieso nicht viel trinke, was der Arzt aber nicht weiß!

    Habe seit Beginn der Therapie auch noch schwerere Depressionen als vorher! inkl. Selbstmordgedanken, würde ich zwar nie machen, aber der Gedanke ist da („Ich will nicht mehr leben“ etc.).

    Die Haut hat sich zwar verbessert, aber ich bin durch meine Depressionen fast so unglücklich wie vorher… Jeder Tag ist ein Kampf für mich, weil ich ständig ermüdet und schlaff bin… Ein Wunder, dass ich meine Schule mit einem Notendurchschnitt von 3,2 abgeschlossen habe! Wär ich nicht durch meine Haut/Depressionen erkrankt, hätte ich locker auf 2 stehen können.

    Aber das ist nicht wichtig für mich. Ich wollte glücklich werden! Und da kam das Medikament und ich dachte, alles wird besser! Im Gegenteil, der Kampf fing erst an. Aber eine positive Seite hat es doch alles: Man lernt wichtige Sachen sowie Menschen schätzen und lernt, was wichtig im Leben ist. Wenn die Depressionen vorbei sind, woran ich stark arbeite und ich meinen Körper gut aufgebaut habe, da ich auch an einer Essstörung litt, hoffe ich endlich glücklich zu leben.

    Also Fazit: Nehmt Medikamte erst als letzten Ausweg und informiert euch vorher beim Arzt! Seht ihr euch stark genug die Prozedur durchzumachen, dann ist es meiner Meinung nach zu empfehlen, aber mit Vorsicht!

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