Systemisches Isotretinoin: Die optimale Dosis bei Akne

· Judith Amann · Noch kein Kommentar.

Intermittierende Isotretinoin-Therapie doch schlechter?

Allerdings gibt es Studien, die auch zu einem anderen Ergebnis kommen. 2011 verglichen Uma Shankar Agarwal und Kollegen in einer mit 120 Teilnehmern die Standardtherapie (Gruppe A) mit einer intermittierenden Therapie (Gruppe C), einer abwechselnden Gabe (Gruppe B) und der Gabe einer sehr niedrigen Dosis jeden zweiten Tag (Gruppe D). Insgesamt dauerte die Behandlung 16 Wochen. In Gruppe A wurde eine kumulative Gesamtdosis von 112 mg/kg erreicht, in Gruppe B eine Gesamtdosis von 56 mg/kg, in Gruppe C eine Gesamtdosis von 28 mg/kg und in Gruppe D eine kumulative Gesamtdosis von 1,12 g. Letzteres entspricht z.B. bei einem 70 kg schweren Patienten einer kumulativen Gesamtdosis von 16 mg/kg. Ergebnis: Bei mittelschwerer Akne schneidet die intermittierende Therapie schlechter ab. Bei schwerer Akne war die Standardtherapie allen anderen Behandlungen überlegen. Lediglich bei leichter Akne lieferten die unterschiedlichen Dosierungen ein gleich gutes Ergebnis.

Weitere Studien bestätigen die bessere Wirksamkeit der täglichen oder abwechselnden Gaben niedriger Dosen gegenüber der intermittierenden Therapie. So kommt die Studie von Lee et al. aus dem Jahr 2011 zu einem ähnlichen Ergebnis. Es wurde eine Standardtherapie (0,5 – 0,7 mg/kg/Tag) mit einer Niedrigdosistherapie (0,25 – 0,4 mg/kg/Tag) und einer intermittierenden Therapie (0,5 – 0,7 mg/kg/Tag für eine von vier Wochen) verglichen. Die Studienteilnehmer wurden 24 Wochen lang behandelt. Die intermittierende Therapie schneidet dabei am schlechtesten ab. Auch bei der Studie von Boyraz und Mustak aus dem Jahr 2013 schneidet die intermittierende Therapie schlechter ab.

Fest steht: Mittelschwere Fälle von Akne können mit niedrigeren Dosen gut behandelt werden. Ein einheitliches Behandlungsprotokoll gibt es noch nicht. Die Vorteile der Niedrigdosistherapie sind weniger und schwächere Nebenwirkungen, der Nachteil die möglicherweise höhere Wahrscheinlichkeit eines Rückfalls. Derzeit ist eine solche Behandlung nicht offiziell zugelassen und erfolgt daher wie bereits erwähnt „off-label“.

„Micro-dose“ gegen Rückfälle

In einigen Studien wurde die Wirkung „niedrigster“ Dosen untersucht – die sogenannte „micro/mini-dose“ Therapie. Der Forscher Boaz Amichai schlägt z.B. sehr niedrige Dosen Isotretinoin vor, um Rückfällen vorzubeugen. In seinem Kommentar von 2003 beschreibt er die Behandlung von 12 Frauen, die einen Rückfall erlitten hatten. Zunächst erhielten sie eine weitere Standardbehandlung, danach nahmen sie für bis zu drei Jahre zwei mal wöchentlich 20 mg Isotretinoin ein – mit gutem Erfolg. Auch ein Jahr nach der Behandlung gab es keine Rückfälle.

Eine andere Studie von Geissler und Kollegen aus dem Jahr 2003 beschreibt die „micro-dose“ Therapie als gute Möglichkeit, um übermäßige Talgproduktion zu kontrollieren. Allerdings geben die Forscher selbst zu bedenken, dass die geringe Zahl der Patienten für eine statistische Auswertung nicht ausreicht. Nebenwirkungen sind bei so geringen Dosen nicht oder kaum zu erwarten. Wie gut die „micro/mini-dose“ Therapie wirklich wirkt und für wen sie sich eignet, ist noch zu zeigen.

Schwere Akne

Isotretinoin-Patient mit Akne, abheilend © F.C.G. – Fotolia.com

Je mehr Isotretinoin desto besser?

Zumindest eine aktuelle Studie aus dem Jahr 2012 der Forscherin Amanda Cyrulnik und ihrer Kollegen geht der Frage nach, ob eine höhere Dosierung als der Standard Vorteile bringt. An ihrer Studie nahmen 80 Patienten mit schwerer, nodulärer Akne teil. Sie erhielten Dosen von mindestens 1,3 mg/kg/Tag. Im Durchschnitt wurde eine kumulative Gesamtdosis von 290 mg/kg erreicht. Alle Patienten waren nach der Behandlung frei von Akne. Nur 12,5% erlitten in den nächsten drei Jahren einen Rückfall.


Aber vor allem im Hinblick auf die Nebenwirkungen fehlt der Studie eine systematische Auswertung. So ist z.B. nicht klar, ob die Ärzte aktiv nach bestimmten Nebenwirkungen gefragt haben. Nebenwirkungen von Haut und Schleimhaut wurden nicht genauer analysiert, da sie auch bei der Standardtherapie häufig sind. Sie könnten aber durchaus schwerer ausgefallen sein. Sie sind – wie die meisten Nebenwirkungen – dosisabhängig.

Mehr Isotretinoin – mehr Nebenwirkungen

Typisch und eindeutig von der Dosis abhängig ist der sogenannte „Flare-up„. Diese Anfangs-Verschlechterung der Akne tritt häufig zu Beginn einer Iso-Behandlung auf. Sie fällt milder oder gar komplett aus, je geringer die Isotretinoindosis ist. Zum Teil deswegen wird die Standardbehandlung mit einer niedrigeren Dosis begonnen.

Fast alle anderen Nebenwirkungen, wie z.B. Reizungen von Haut und Schleimhäuten (v.a. Nase, Auge, Lippen) oder die Veränderungen von Blutfettwerten oder Leberenzymen, fallen unter geringeren Dosen weniger schwer aus und treten seltener auf. So stellte die Metastudie von Sardana und Kollegen in Bezug auf Nebenwirkungen fest, dass Veränderungen der Leberenzyme oder der Blutfettwerte unter der Niedrigdosistherapie deutlich seltener vorkamen.

Weitere Nebenwirkungen, wie die Vermehrung der Knochensubstanz (Hyperostosis) oder das vorzeitige Schließen der Epiphyse bei Kindern, scheinen durch eine lange Behandlung mit hohen Dosen von Isotretinoin ausgelöst zu werden.

Fazit: optimale Akne-Therapie mit system. Isotretinoin

Isotretinoin ist das wirksamste Medikament zur Behandlung schwerer Akne. Der Nachteil sind die Nebenwirkungen. Hier könnte eine geringere Dosierung – die sogenannte Niedrigdosistherapie – Abhilfe schaffen. Sie scheint bei schwerer Akne allerdings nicht so wirksam zu sein wie die Standardtherapie mit 0,5 – 1 mg Isotretinoin pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag.

Die Niedrigdosistherapie mit weniger als 0,5 mg/kg/Tag hat sich aber in der Behandlung von leichter bis mittelschwerer oder Spättyp-Akne in verschiedenen Studien bewährt. Bestimmte Nebenwirkungen treten seltener auf bzw. fallen leichter aus. Allerdings ist Isotretionin in Deutschland de facto nur zu Behandlung schwerer, therapieresistenter Akne zugelassen (second-line). Die Niedrigdosistherapie erfolgt daher „off-label„.

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