Aknetherapie in Schwangerschaft und Stillzeit
Eine Schwangerschaft lässt manchmal erst recht die Pickel sprießen. Die Behandlung der Akne wird schwieriger und komplizierter, denn Schwangere und Stillende können mit Rücksicht auf das Ungeborene bzw. Baby nicht alle Wirkstoffe bedenkenlos verwenden.
Insbesondere Medikamente, die oral eingenommen werden, können in den Blutkreislauf und damit auch zum Embryo gelangen. Das kann Auswirkungen auf das ungeborene Kind haben: Zum Teil führen die Wirkstoffe zu schweren Schädigungen.
Aber auch bei einer topischen Behandlung, d.h. der lokalen Anwendung von Cremes, Gels und Lotions, gibt es das Problem, dass viele Wirkstoffe durch die Haut aufgenommen werden und ins Blutplasma gelangen. Sie können sich also trotzdem auf den Embryo auswirken.
Deshalb ist es wichtig, dass Akne-Patienten sofort den behandelnden Arzt über eine Schwangerschaft informieren, der dann möglichst sichere Präparate, d.h. auch unter dem Verständnis, dass Sicherheit vor Wirksamkeit geht, verschreibt, um das psychische Wohlbefinden zu erhalten und um einer weiteren Verschlechterung der Akne vorzubeugen.
Keine Retinoide
Retinoide, wie zum Beispiel Isotretionoin oder Tretinoin (beide 1. Generation), dürfen von Schwangeren nicht eingenommen werden. Sie wirken teratogen (fruchtschädigend), d.h. sie führen zu schweren Fehlbildungen beim ungeborenen Kind.
Wer diese Medikamente einnimmt, muss verhüten. Wer eine Schwangerschaft plant, muss das entsprechende Medikament rechtzeitig absetzen. Danach sollte die Frau noch vier Wochen weiter verhüten. Denn der Wirkstoff führt bereits in der Frühschwangerschaft zu schweren Schäden. Die Kosten für die Verhütung werden von den Krankenkassen übernommen.
Da Retinoide über die Haut aufgenommen werden, ist eine topische Anwendung in der Schwangerschaft auch nicht möglich. Schwangere Patientinnen sollten ein entsprechendes Arzneimittel nicht weiter verwenden.
Für Adapalen, ein Retinoid der 3. Generation, zeigten sich zwar keine nachweisbaren Blutplasmaspiegel bei der Anwendung auf der Haut. Trotzdem sollten Schwangere es lieber nicht weiter nutzen. Zumindest im Tierversuch haben hohe Dosen in topischer Anwendung den Embryo laut des Pharmakovigilanz- und Beratungszentrums für Embryonaltoxikologie geschädigt.
Tetrazyklin, Doxycyclin und Clindamycin nicht nehmen
In der Aknetherapie werden mitunter auch Antibiotika eingesetzt. Auch hier ist Vorsicht geboten: Schwangere und Stillende sollten Präparate mit Tetrazyklin, Doxycyclin (Antibiotikum aus der Klasse der Tetracycline) oder Clindamycin als Wirkstoff meiden. Sie passieren die Plazenta.
Tetrazyklin kann bei der Mutter die Leber schädigen. Beim Kind können Zahnverfärbungen, vermindertes Knochenwachstum, grauer Star und weitere angeborene Fehlbildungen auftreten. Clindamycin passiert die Plazenta schnell. Es besteht das Risiko einer schweren Durchfallerkrankung, durch die Schädigung der Darmflora. Diese sogenannte „pseudomembranöse Kollitis“ ist besonders für Säuglinge gefährlich. Deshalb sollten stillende Mütter diese Wirkstoffe nicht einnehmen.
Da die Antbiotika durch die Haut gut aufgenommen werden, sind sie auch zur topischen Anwendung während der Schwangerschaft und Stillzeit nicht geeignet.
Erythromycin – nicht in der Stillzeit
Erythromycin und Erythromycinsuccinat sind laut Prof. Dr. med. Christiane Bayerl, Leiterin der Klinik für Dermatologie und Allergologie, Hauttumorzentrum in Wiesbaden umstritten. Einerseits passiert Erythromycin die Plazenta schlecht, reichert sich aber in der Leber des Embryos an.
Andere Ärzte und Wissenschaftler empfehlen es. Auch das Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum für Embryonaltoxikologie an der Charité in Berlin stuft Erythromycin auf seiner Website als Mittel der ersten Wahl ein. Von Erythromycinstolate wird abgeraten.
In der Stillzeit dürfen Erythromycin und verwandte Wirkstoffe nicht genutzt werden, da sie bei Säuglingen zu einem Magenpförtnerkrampf führen können. Das gilt auch für eine topische Anwendung, die deutsche S2k – Leitlinie zur Therapie der Akne vulgaris rät von einer Verwendung ab, da nicht bekannt ist, ob der Wirkstoff in die Muttermilch übergeht.
Zink
Zink schädigt den Embryo nicht. Es kann von Schwangeren oral genommen werden, allerdings nicht länger als drei Monate. Bei dauernder Einnahme kann es zu Kupfermangel kommen. Kupfer ist ein essentielles Spurenelement. Der Körper braucht es, um die Moleküle zu bilden, die Eisen binden.
Glukokortikosteroide
Bei schweren Akne-Schüben ist unter Umständen eine systemische Therapie mit Glukokortikosteroiden möglich. Allerdings erst ab dem zweiten Schwangerschaftsdrittel. Die Entscheidung darüber trifft der behandelnde Arzt dann möglichst in Absprache mit dem Gynäkologen.
Nadifloxacin und Dapson
Aufgrund unzureichender bzw. fehlender Daten, ist von topischem Dapson und Nadifloxacin während der Schwangerschaft und Stillzeit abzuraten.
Resorcinol und Salicylsäure ja oder nein?
Nicht immer herrscht Einigkeit unter den Ärzten, welche Medikamente empfehlenswert sind oder nicht. Generell gibt es zu Schwangeren und Stillenden wenig Daten. Die Durchführung von kontrollierten, klinischen Studien ist zu riskant. Für manche Wirkstoffe gibt es noch keine eindeutige Bewertung.
Die deutsche S2k – Leitlinie zur Therapie der Akne vulgaris rät sowohl von Resorcinol als auch Salicylsäure zur Verwendung in Cremes, Lotions oder Peelings ab. Gründe: Resorcinol kann toxisch wirken, wenn es eingenommen wird und über die Verwendung von Salicylsäure auf der Haut gibt es kaum Daten. Prof. Bayerl verweist auf die Daten für die Einnahme von Salicylsäure, da der Wirkstoff gut über die Haut aufgenommen wird. Außerdem passiert Salicylsäure schnell die Plazenta. Es wird vom Embryo nur langsam wieder abgebaut. Hohe Dosen führen zu Schädigungen.
Dagegen stufen die Autoren des Lehrbuchs „Arzneimittel in Schwangerschaft und Stillzeit“ herausgegeben von Christof Schaefer, Horst Spielmann und Klaus Vetter (Urban & Vogel, 8. Auflage) beide Präparate anders ein. Die Anwendung von Resorcinol bei Schwangeren sei „akzeptabel„, vorausgesetzt es ist wirklich nötig und wird nur lokal eingesetzt. Salicylsäure kann eingesetzt werden, wenn Behandlungszeitraum- und fläche begrenzt sind.
Auch laut dem Übersichtsartikel „Safety of Skin Care Products in Pregnancy“ von Pina Bozzo und ihren Coautoren von 2011 können Präparate mit Salicylsäure von Schwangeren verwendet werden. Im Zweifelfall sollte sowieso der behandelnde Arzt entscheiden.
Topisches Benzoylperoxid und Azelainsäure sind sicher
Einer der topischen Wirkstoffe, die während Schwangerschaft und Stillzeit eingesetzt werden können, ist Benzoylperoxid (BPO). Der Wirkstoff wird schon sehr lange in der Aknetherapie genutzt, deshalb gibt es viele Daten. BPO wird zwar durch die Haut aufgenommen, aber schon dort in Benzoesäure abgebaut. Diese wird schnell über die Niere ausgeschieden.
Auch Azelainsäure wirkt nicht fruchtschädigend. Die Säure kommt im menschlichen Organismus vor und kann auch von Schwangeren oder Stillenden als Creme verwendet werden.
Medizinisch – dermatokosmetologische Maßnahmen
Gerade wenn die Möglichkeiten durch Schwangerschaft und Stillzeit eingeschränkt sind, ist es besonders sinnvoll, die Therapie durch geeignete medizinisch – dermatokosmetologische Maßnahmen zu begleiten. Manuelles Ausreinigen, Peeling-Maßnahmen wie ein mechanisches Peeling oder ein chemisches Peeling mit Glykol- oder Fruchtsäuren ist auch während Schwangerschaft und Stillzeit möglich. Auf „schmerzhafte“ Maßnahmen wie Trichloressigsäurepeelings, Laser- oder Lichttherapie sollten Schwangere lieber verzichten.
Wichtig – egal ob schwanger oder nicht – ist die richtige Reinigung und Pflege der Akne Haut. Wenn die Möglichkeiten zur medizinischen Therapie eingeschränkt sind, ist es für die Betroffenen hilfreich zu stärkeren kosmetischen Maßnahmen zu greifen. Mit Camouflage lassen sich die Pickel zumindest abdecken. Die Inhaltsstoffe in diesen Kosmetika sind für Schwangere und stillende Mütter unbedenklich.
Beratungsangebot für Schwangere
Wenn eine Schwangere unsicher ist, ob sie ein Medikament oder eine Creme verwenden darf oder nicht, kann sie sich an das Pharmakovigilanz- und Beratungszentrums für Embryonaltoxikologie wenden: Das Zentrum bietet Schwangeren eine telefonische Beratung. Stillende Mütter können sich leider nicht direkt beraten lassen. Im Zweifelsfall können sie ihren behandelnden Arzt oder ihre Hebamme auf das Beratungsangebot für Fachkreise hinweisen.
Fazit: Aknetherapie in Schwangerschaft und Stillzeit
Der Einsatz von Medikamenten in der Schwangerschaft und Stillzeit ist schwierig zu beurteilen, weil meist nur wenige Daten vorliegen.
Einige oral einzunehmende Medikamente gegen Akne wie Zink, Glukokortikoide oder Erythromycin kann der Arzt in schweren Fällen auch Schwangeren verschreiben – nach einer Abwägung von Nutzen und Risiko.
BPO ist das Mittel der Wahl für eine topische Behandlung, auch Azelainsäure oder Erythromycin topisch kommen in Frage.
Schwangere oder stillende Mütter sollten sich auf jeden Fall mit ihrem behandelnden Arzt beraten.
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